Wie machen die Engländer das nur? So gelingt der perfekte Rasen

Zwischen „Wiese“ und „Rasen“ gibt es einen himmelweiten Unterschied. Doch ein echtes Wimbledon-Grün ist kein Hexenwerk und bedarf nur weniger, dafür konkreter Schritte.

Rasenteppich

Abbildung 1:
Nein, das Geheimnis der Engländer für den perfekten Rasen ist keine Nagelschere, sondern nur die richtige Pflege.

Es ist der Inbegriff eines saftig-grünen, absolut ebenen, von keinem Unkräutchen verunzierten Gartens: Der Englische Rasen. Was auf der Insel im 18. Jahrhundert entstand, gilt hierzulande auch heute noch als Klassiker unter den Grünflächen – den man allerdings mit der Nagelschere schneiden müsse.

Das stimmt zwar nicht, dennoch benötigt ein solcher Prachtrasen genau abgestimmte, sorgsam durchgeführte Arbeitsschritte, die einen auch lange nach dem Anlegen beschäftigten.

Wie der Rasen aussieht, was er kann und was er aushält, steht und fällt mit der Auswahl der Saatgutsorte. Ohne tiefer auf Gräser einzugehen, bietet der Fachhandel heutzutage fertige Mischungen an:

  • Blührasen besteht aus einem Mix aus Rasen- und Blumensamen. Dadurch entsteht eine regelrechte Blumenwiese.
  • Schattenrasen benötigt weniger Licht, wird jedoch nur an großen abgeschatteten Stellen tatsächlich eingesetzt.
  • Sport-/Spielrasen ist die robusteste Variante, steckt durch die dicken Halme einiges weg, wächst aber auch rasant und muss häufiger gemäht werden.
  • Zierrasen ist der „Goldstandard“. Kein Rasen wächst so dicht und grünt so saftig. Aber auch kein anderer benötigt so viel Pflege.

Wer es „very british“ mag, sollte zum Zierrasen greifen, weil dessen Halme sehr dünn sind aber dicht wachsen. Aber dann muss auch klar sein, dass diese Fläche später vor allem etwas fürs Auge ist – häufiges Betreten oder gar Belastungen durch Kinder- oder Hundefüße quittiert der Zierrasen durch schadhafte Stellen. Auf der Haben-Seite steht jedoch, dass Ziergräser auf langsames Wachstum gezüchtet wurden, sodass sich der Mäh-Aufwand geringer gestaltet.

Zierrasen

Abbildung 2:
Zierrasen verzeiht kaum Beanspruchungen. Wer kicken oder auch nur auf dem Rasen sonnenbaden will, sollte Saatgut für Sport- oder Spielrasen kaufen.

Zu einem gepflegten Rasen gehört selbstverständlich auch eine schöne Hecke, die das Rasengrundstück abgrenzt. Die Hecke sollte mindestens 2x im Jahr mit einer Heckenschere geschnitten werden.

Man kann sich eine teure Matratze kaufen und trotzdem schlecht liegen, wenn der Lattenrost von minderer Qualität ist. Genau dasselbe gilt auch für den Rasen. Damit er nicht nur gut aussieht, sondern auch über lange Zeit optimal wächst, benötigt er einen sorgsam vorbereiteten Untergrund.

Man muss die künftige Rasenfläche nicht zwingend mit mehreren Tonnen Humus bedecken, aber auch der normale Mutterboden benötigt Vorbereitung. Am besten startet man damit im Februar oder März, sodass bei Frühlingsbeginn mit der Einsaat begonnen werden kann:

  • 1. Den Boden mindestens 20 Zentimeter tief auflockern. Das kann mit Spaten oder Grabgabel geschehen, bei größeren Flächen empfiehlt sich jedoch dringend eine Motorhacke.
  • 2. Sämtliche Steine, Wurzeln und Co. akribisch aufsammeln.
  • 3. Die gesamte Fläche mit etwa 10 Liter Rasenerde oder fein gesiebter Komposterde pro Quadratmeter bedecken und diese mit einer Grabgabel oder abermals der Motorhacke untermischen.

Es folgt die Maßarbeit: Nun muss der Boden mit einem Rechen so glatt wie möglich gezogen werden, damit keine Unebenheiten entstehen. Am besten rückwärts arbeiten, damit keine durch die eigenen Schuhe verdichteten Stellen verbleiben.

Anschließen wird Starterdünger verteilt. Dann benötigt die Fläche mindestens zwei, besser drei Wochen Ruhe, damit der Dünger ins Erdreich gelangt und sich vor allem die Boden-Fauna erholen kann – in jedem Kubikmeter Erdreich leben mehrere Milliarden Lebewesen, sie alle sind für die Bodengesundheit lebenswichtig.

Durch das Ruhen wird die Fläche wieder wellig geworden sein. Schon deshalb wird es in den Tagen vor der Aussaat notwendig, die oberste Bodenschicht nochmals zu glätten. Dies geschieht am einfachsten mittels einer Rasenwalze, die man ebenfalls rückwärts über die Fläche zieht.

Ist das erledigt, muss der Boden nochmals intensiv gewässert werden. Wenn sich dabei Pfützen bilden, ist das nicht schlimm. Durch die vorherigen Arbeiten hat der Boden nun ein gutes Speichervermögen und kann selbst große Wassermengen aufnehmen. Und die sind immens wichtig, denn was das Saatgut am dringendsten braucht, ist Feuchtigkeit.

Jetzt wird es ernst, denn die Aussaat beginnt. Den perfekten Zeitpunkt gibt es leider nicht, nur eine Reihe von Faktoren, die stimmen müssen:

  • Die Bodentemperatur sollte 10°C nicht unterschreiten
  • Eine Woche vorher sollte es nicht regnen
  • Der Aussaat-Tag sollte trocken und windstill sein

In den meisten Regionen besteht dieses Zeitfenster irgendwann zwischen Mitte April und Mitte Mai. Vor allem den Wind sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen: Grassamen sind sehr leicht und werden schon vom kleinsten Hauch weggepustet.

Für den großen Tag besorgt man sich am besten einen Säh- oder Streuwagen, denn nur dieses Gerät garantiert, dass die Samendichte – (bei Zierrasen) von etwa 50 Gramm pro Quadratmeter – eingehalten wird. Das gleichmäßigste Ergebnis kann erzielt werden, indem über Kreuz gesät wird, also einmal der Länge nach und danach quer.

Motorhacke

Abbildung 3:
Die Klingen der Motorhacke bekommen selbst stark verkrautete Böden rasentauglich. Aber danach müssen alle Pflanzenreste restlos entfernt werden.

Sofort im Anschluss müssen die Rasensamen vorsichtig mit einem Rechen so untergeharkt werden, dass sie von einer etwa halbzentimeterdicken Schicht Erde bedeckt sind. Abgerundet wird diese Arbeit durch eine erneute Fahrt mit der Walze. Das gibt nicht nur den letzten ebenen Schliff, sondern reduziert auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich Vögel mit dem teuren Saatgut den Bauch vollschlagen.

Gleich nach dem Walzen wird abermals der Rasensprenger benötigt. Allerdings mit viel mehr Augenmaß als zuvor. So muss der künftige Rasen feucht gehalten werden, es dürfen sich aber keine Pfützen mehr bilden.

Im Idealfall wird der Rasen in den ersten vier Wochen nach der Aussaat täglich gewässert, sodass sich im Boden immer ein optimales Feuchtigkeits-Reservoir bildet. Wichtig: Sollte es in diesen Tagen schon sehr warm werden (über 23°C), sollte morgens und abends gesprengt werden. Ansonsten genügt es, nach Feierabend den Gartenschlauch auszurollen.

Schon nach einer Woche darf man sich gratulieren, denn je nach Witterung werden dann schon die ersten zarten Halme sprießen. Bis jedoch alles eingesäte Material ausgetrieben ist, können drei Wochen vergehen – erst dann sollten kahle Stellen nachgesät werden.

Der so sprießende Rasen darf nun wachsen, bis die Halme durchgängig etwa zehn Zentimeter lang geworden sind. Dann wird es Zeit für den ersten Einsatz des Rasenmähers oder auch Rasentrimmers. Wie tief das Gerät die Gräser abschneiden soll, hängt von der gewählten Rasensorte ab:

  • Schattenrasen: 5 cm
  • Sport-/Spielrasen: 4 cm
  • Zierrasen: 2-3 cm

Hier zeigt sich der Pflegeaufwand des Zierrasens sehr gut. Denn nach dem ersten Mähen sollte er niemals mehr höher als fünf Zentimeter wachsen. In der Praxis bedeutet das, dass etwa einmal wöchentlich zwingend der Mäher ausgepackt werden muss.

Hinweis:
Um ein optimales Schnittbild zu erhalten, sollte darauf geachtet werden, dass das Rasenmähmesser nicht stumpf oder abgenutzt ist. Wie Sie das Mähmesser wieder auf Vordermann bringen können, erläutern wir in unserem Ratgeber-Artikel "Rasenmäher: Messer schärfen und wechseln".

Nach dem Ende der einmonatigen Wässerungsphase reicht in aller Regel die Feuchtigkeit die vom Himmel fällt vollkommen aus. Dauern die Trockenperioden in Verbindung mit sommerlich hohen Temperaturen jedoch länger als eine Woche an, sollte nach Sonnenuntergang (sonst wirken die Wassertropfen wie ein Brennglas) der Rasen alle zwei Tage gründlich gewässert werden.

Bewässerungsanlage

Abbildung 4:
Viereckregner sind günstig, sollten aber nur bei nahezu quadratischen Rasenflächen Verwendung finden. Freiere Formen benötigen Sektorenregner, damit alles gleichmäßig bewässert wird.

Unkräuter werden sich ebenfalls mit der Zeit ansiedeln. Sie sollten einfach auf mechanische Weise mit der Wurzel ausgerissen werden – und zwar zügig, damit sie keine Grashalme verdrängen und so Löcher im Rasen entstehen lassen.

Jeweils im April und im Juli empfiehlt es sich, dem Rasen durch einen Langzeitdünger zusätzliche Kraft zu spenden. Und immer dann, wenn sich Moospolster bilden, mindestens aber zu Beginn und Ende der Gartensaison, sollte der Rasen mittels Vertikutierer belüftet werden.

Er reißt sämtliches „Unterholz“ aus der Fläche und sorgt so dafür, dass Licht und Sauerstoff bis zum Ansatz der Grashalme vordringen. Auf diese Weise gehegt und gepflegt wird der Rasen nicht nur ein kurzzeitiges Glanzstück, sondern erhält seinen englischen Charakter auch über viele Jahre hinweg.


Bildnachweise:
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